Doppelte Staatsbuergerschaft

Von Rechtsreferendar Markus Tamm und Rechtsanwalt Clemens Pauly

Die Initiative der rot-gruenen Bundesregierung zur Doppelten Staatsbuergerschaft (Inkraftgetreten am 01.01.2000) fuehrte zu weitreichenden Diskussionen ueber die Einbuergerung in Deutschland lebender Auslaender. Die Gesetzesaenderungen brachten aber auch fuer im Ausland lebende Deutsche Aenderungen mit sich. So fuehrte bisher ein Einbuergerungsantrag im Ausland zwangslaeufig zum Verlust der deutschen Staatsbuergerschaft. Dieser Automatismus ist durch die Reform aufgeweicht, so dass es insbesondere fuer Deutsche, die in den USA leben, interessant ist, die amerikanische Staatsbuergerschaft zu beantragen. Die zentrale Norm insoweit ist Paragraph 25 Staatsangehoerigkeitsgesetz (STAG).

1)      Moeglichkeit der Einbuergerung

Ein Einbuergerungsantrag in die USA etwa kann von einem permanent resident, d.h. einem Inhaber einer Greencard, in der Regel nach fuenf Jahren Aufenthalt in den USA gestellt werden. Wurde die Greencard ueber einen Ehepartner erlangt, betraegt die Wartezeit nur drei Jahre. Diese Aussicht ist fuer viele Deutsche, die in den USA leben verlockend. Bringt doch die Staatsangehoerigkeit zur Weltmacht schlechthin viele Vorteile.

Um einen erfolgreichen Einbuergerungsantrag zu stellen, muss sich der Antragssteller in der drei- bis fuenfjaehrigen Wartezeit mindestens in der Haelfte der Zeit tatsaechlich in den USA aufgehalten haben. Das Mindestalter fuer die Beantragung der amerikanischen Staatsbürgerschaft betraegt 18 Jahre und man darf weder geistig behindert noch geschaeftsunfaehig sein. Im Rahmen des Antrags muessen Kenntnisse ueber die Verfassung und die englische Sprache nachgewiesen werden. Es muss weiter ein einwandfreier Lebenswandel nachgewiesen werden, wobei hierbei hauptsaechlich etwaige Vorstrafen ueberprueft werden. Schliesslich ist ein Loyalitaetseid gegenueber den USA zu leisten.

2) Rechtliche Folgen fuer die deutsche Staatsangehoerigkeit

Die Regelungen des Staatsangehoerigkeitsgesetzes sahen bis zu ihrer Aenderung vor, dass die Erteilung einer neuen Staatsangehoerigkeit auf einen entsprechenden Antrag hin zwangslaeufig zum Verlust der deutschen Staatsangehoerigkeit fuehrte. Dies ist auch jezt noch der Regelfall. Die deutsche Staatsangehoerigkeit geht verloren, sobald die neue Staatsangehoerigkeit auf den Antrag hin tatsaechlich erteilt wurde. Voraussetzung fuer den Verlust der deutschen Staatsangehoerigkeit nach Paragraph 25 STAG ist ein Antrag, d.h. eine freie Willensbetaetigung, die unmittelbar auf den Erwerb einer auslaendischen Staatsangehoerigkeit gerichtet ist und die tatsaechliche Erteilung der neuen Staatsangehoerigkeit. Einem Antrag steht der Erwerb einer auslaendischen Staatsangehoerigkeit aufgrund einer Option, durch Registrierung oder durch Erklaerung gleich. Der Erwerb kraft Gesetzes, z.B. durch Heirat, oder durch Zwang hingegen fuehrt nicht zum Verlust der deutschen Staatsangehoerigkeit.

Nunmehr koennen Deutsche jedoch vereinfacht ihre bisherige Staatsangehoerigkeit beibehalten. Hierzu ist erforderlich, dass eine sogenannte Beibehaltungsgenehmigung nach dem Staatsangehoerigkeitsgesetz erteilt wird. Diese Genehmigung ermoeglicht es dem Antragssteller, eine neue Staatsangehoerigkeit zu erlangen und gleichzeitig die deutsche Staatsangehoerigkeit zu behalten. Es ist erforderlich, dass die Beibehaltungsgenehmigung vor dem Antrag und der Erteilung der neuen Staatsangehoerigkeit erteilt wird. Ein bereits eingetretener Verlust der deutschen Staatsangehoerigkeit nach Paragraph 25 STAG bleibt indes unberuehrt. Insoweit bleibt nur die Moeglichkeit, die deutsche Staatsangehoerigkeit nach Paragraph 13 STAG durch eine Wiedereinbuergerung zu erlangen.

a) Vorraussetzungen fuer die Erteilung der Beibehaltungsgenehmigung

Bei der Entscheidung ueber die Beibehaltungsgenehmigung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Im Rahmen dieser Entscheidung ist zwischen dem Grund, die deutsche Staatsangehoerigkeit behalten zu wollen, und dem Grund, die amerikanische Staatsangehoerigkeit erlangen zu wollen, zu differenzieren.

Im Rahmen der Entscheidung ueber die Beibehaltung der deutschen Staatsangehoerigkeit sind die oeffentlichen und privaten Belange abzuwaegen. Nach der Gesetzesbegruendung sollen dabei vorrangig die privaten Belange und damit die Belange des Antragsstellers beruecksichtigt werden. Bei einem Antragsteller, der seinen gewoehnlichen Aufenthalt im Ausland hat, ist insbesondere zu beruecksichtigen, ob er fortbestehende Bindungen an Deutschland glaubhaft machen kann. Bei Deutschen im Ausland ist insbesondere zu beruecksichtigen, ob diese fortbestehende Bindungen an Deutschland haben. Diese Bindungen koennen etwa nahe Verwandte in Deutschland, Eigentum an Immobilien und eigengenutzten Wohnungen, Renten- oder Versicherungsleistungen, Firmenanteile, Spar- und Girokonten, Schul- und Berufsausbildung in Deutschland, regelmaessige Reisen nach Deutschland oder langjaehrige Inlandsaufenthalte sein.

Liegen die Voraussetzungen fuer die Beibehaltung der deutschen Staatsangehoerigkeit vor, muss der Antragssteller daneben einen plausiblen Grund fuer den angestrebten Erwerb der US-amerikanischen Staatsbuergerschaft angeben. Diese Gruende koennen in der Vermeidung oder der Beseitigung von erheblichen Nachteilen, insbesondere wirtschaftlicher und vermoegensrechtlicher Art, liegen. In Betracht kommen hierbei die Beseitigung konkreter Nachteile im Erb- oder im Steuerrecht. Nach der amerikanischen Steuergesetzgebung werden US-Buergern gegenueber Auslaendern durch einen hoeheren Freibetrag bevorzugt. Weiter koennen konkrete Nachteile in der Ausbildung oder bei der Berufsausuebung, hier insbesondere fuer Wissenschaftler die in der Forschung und Lehre taetig sind, vermieden werden. Schliesslich kann eine Einbuergerung Nachteile bei geschaeftlichen Beziehungen (z.B. bei Auftraegen der oeffentlichen Hand) vermeiden. Nicht ausreichend sind allgemeine Nachteile, wie das fehlende Wahlrecht, der Zwang, eine gueltige Aufenthaltserlaubnis zu besitzen, oder der Ausschluss von hohen Regierungsaemtern.

Das Ableisten eines Loyalitaetseids steht der Erteilung einer Beibehaltungsgenehmigung nicht entgegensteht, wenn der auslaendische Staat eine der Bundesrepublik Deutschland vergleichbare staatliche und gesellschaftliche Ordnung aufweist. Der Loyalitaetseid gegenueber den USA ist mit der Erteilung der Beibehaltungsgenehmigung vereinbar.

b) Verfahren zur Erteilung der Beibehaltungsgenehmigung

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist fuer die Erteilung der Genehmigung zu beachten, dass mit der Erlangung der neuen Staatsangehoerigkeit die deutsche Staatsangehoerigkeit grundsaetzlich verloren geht. Daher muss die Beibehaltungsgenehmigung bereits im Vorfeld erteilt worden sein. Der Antrag allein ist nicht ausreichend. Ebenfalls entfaltet die Reform des Staatsangehoerigkeitsrechts keine Rueckwirkung, so dass Faelle, in denen eine andere Staatsangehoerigekeit bereits erworben wurde, nicht erfasst werden. Hier bleibt die Moeglichkeit, die deutsche Staatsangehoerigkeit wiederzuerlangen.

Die Erteilung einer Beibehaltungsgenehmigung setzt einen schriftlichen Antrag bei der zustaendigen Auslandsvertretung voraus. Ein entsprechendes Formular ist auf der Homepage des Generalkonsulates in Miami (http://www.gcmiami.de/index.htm) erhaeltlich. Dem Antrag sind Nachweise bzw. Glaubhaftmachungen beizufuegen, die die Vorraussetzungen der Beibehaltungsgenehmigung dokumentieren. Ferner sind die Gruende anzugeben, warum der Erwerb der neuen Staatsbuergerschaft beabsichtigt wird. Die zustaendige Auslandsvertretung leitet den Antrag mit einer Stellungnahme zur Entscheidung an die Bundesverwaltung in Koeln weiter.

Die Bundesverwaltung in Koeln erhebt eine Gebuehr von EUR 255,- fuer Erwachsene und EUR 51,- fuer minderjaehrige Kinder. Diese Gebuehr wird gesondert angefordert und ist nicht im Vorfeld zu errichten. Auch bei Ablehnung des Antrages koennen Gebuehren in einer Hoehe von bis zu EUR 191,25 festgelegt werden.

Im Fall der Erteilung der Beibehaltungsgenehmigung, besteht fuer zwei Jahre die Moeglichkeit die fremde Staatsangehoerigkeit ohne Verlust der deutschen zu erwerben. Ein neuer Antrag muss rechtzeitig gestellt werden, sollte die Frist nicht ausreichen.

3) Wiedererlangung der deutschen Staatsbuergerschaft

Die Reform hatte ebenfalls Auswirkungen auf eine moegliche Wiedererlangung der deutschen Staatsangehoerigkeit. So koennen ehemalige Deutsche, die durch den Erwerb einer auslaendischen, etwa der amerikanischen, Staatsangehoerigkeit auf Antrag verloren hatten (Paragraph 25 StAG), nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen bei Wohnsitznahme im Inland die deutsche Staatsangehoerigkeit unter erleichterten Voraussetzungen wieder erlangen. Dies ist auch bei einer Beibehaltung des Wohnsitzes im Ausland moeglich, wobei der Stellungnahme der zustaendigen Auslandsvertretung wesentliche Bedeutung zukommt (Paragraph 13 StAG).

Die Rueckeinbuergerung setzt grundsaetzlich die Unterhaltsfaehigkeit, das Beherrschen der deutschen Sprache und der Nachweis von Bindungen an Deutschland voraus. Ebenfalls wird ein Krankenversicherungsschutz fuer Deutschland verlangt. Die Bereitschaft, die zweite Staatsangehoerigkeit aufzugeben, erhoeht die Chancen auf eine Wiedereinbuergerung. Will der Antragssteller die zweite Staatsangehoerigkeit behalten, muss er einen Antrag entsprechend einer Beibehaltungsgenehmigung stellen. Es muss in diesem Fall nachgewiesen werden, dass bei Aufgabe der bisherigen Staatsanghoerigkeit wesentliche Nachteile entstehen.

4) Fazit

Die Aenderungen des Staatsangehoerigkeitsgesetzes stellen fuer Deutsche, die im Ausland leben, ein interessantes Angebot dar. Erhaelt man doch durch eine Einbuergerung die gleichen Rechte der uebrigen Staatsbuerger. Gleichzeitig muss man jedoch nicht seine deutsche Staatsbuergerschaft und damit seine Verbindung in das Herkunftsland aufgeben. Eine Verbindung der deutschen und der amerikanischen Staatsbuergerschaft oeffnet einem gleichzeitig den europaeischen als auch den amerikanischen Raum. Wichtig ist insoweit, dass man durch die deutsche Staatsbuergerschaft nicht bloss in Deutschland als Staatsbuerger behandelt wird. Vielmehr ist dies im heutigen vereinten Europa der Fall.

 

Aufgrund der Auflockerung des Gesetzes durch die Reform des Staatsangehoerigkeitsgesetzes besteht die Hoffnung, dass die Verwaltungspraxis etwaige Antraege auf Beibehaltungsgenehmigungen nicht restriktiv behandelt. Dies entspricht der Gesetzesbegruendung und wuerde der Gesetzesaenderung gerecht. So soll doch gerade die doppelte Staatsbuergerschaft ermoeglicht werden.

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